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John Wycliff

Der Luther England's im 14. Jahrhundert

John Wycliff (ca. 1320—1384) war ein mutiger Gottesmann, für den die Heilige Schrift alleinige Autorität war. Er übersetzte die lateinische Bibel ins Englische und wurde von den kirchlichen Autoritäten deshalb so sehr gehasst, dass nach seinem Tod sein Leichnam verbrannt wurde.

 

 

Ein Name, der untrennbar mit der Bibelverbreitung verbunden ist, muss besonders gewürdigt werden: John Wycliff (ca. 1320–1384). Wycliff studierte Theologie an der berühmten Universität von Oxford und erhielt 1371 die Doktorwürde. In seiner scharfen Kirchenkritik prangerte er die offensichtlichen Missstände der Kirche an. In allen Fragen des Glaubens hatte für ihn nur die Heilige Schrift die alleinige Gültigkeit. Die Anrufung der Heiligen sah er in der Bibel nicht begründet, ebenso wenig das Reliquien- und Wallfahrtswesen, das er zusammen mit dem Ablasshandel abschaffen wollte (wie fast 200 Jahre später Martin Luther). Der einflussreiche Herzog John of Gaunt hielt schützend seine Hände über den «Kirchenrebell » Wycliff und verhinderte, dass er als Irrlehrer vor kirchlichen Gerichten zum Tode verurteilt wurde. 1382 musste Wycliff die Universität verlassen und wurde Landpfarrer. Wycliff übersetzte die lateinische Bibel, die Vulgata, in die englische Sprache.

 

Doch bevor er die Übersetzung revidiert hatte, starb er am 31.12.1384. Die Wycliff-Bibel kam 1388 heraus, nachdem sein Mitarbeiter John Purvey sie fertig gestellt hatte. Als Reaktion auf Wycliffs Bibelübersetzung wurde in England 1417 das Bibellesen bei Todesstrafe verboten, denn das Monopol der Schriftauslegung lag nun mal bei der Kirche.

 

Wycliff hatte gesagt: «In der Heiligen Schrift ist alle Wahrheit enthalten. Auf ihr beruht der Glaube der Kirche. Deshalb sollte sie, da auch die Laien den rechten Glauben kennen müssen, in der Sprache verkündet werden, die diesen am besten bekannt ist. Christus und die Apostel unterrichteten das Volk in der dem Volk bekannten Sprache; warum sollte man es jetzt nicht auch tun?»

 

Zahlreiche Wycliff-Bibeln sind bis heute erhalten, Bibeln, die meist im Geheimen geschrieben sowie vorgelesen und in Verstecken aufbewahrt worden waren. Welche dramatischen Geschichten könnten sie uns erzählen? Es sind etliche Berichte erhalten über Lollarden (Wycliff- Anhänger), die wegen Häresie (Ketzerei) verhaftet wurden,weil man ihnen den Besitz einer Wycliff-Bibel nachgewiesen hatte. Ein Bericht von 1496 schildert, wie in London fünf Lollarden mit um den Hals gehängten Bibelhandschriften auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden.Wenn man heute im Museum eine Wycliff-Bibel betrachtet, wird einem erst klar, was es bedeutet, die Bibel in aller Freiheit in seiner Muttersprache lesen zu können.