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Der Bibelschatz aus dem Wüstenkloster

1844 brach der deutsche Bibelforscher Konstantin (Constantin) Tischendorf (* 18. Januar 1815 in Lengenfeld; † 7. Dezember 1874 in Leipzig) zu einer gefährlichen Orientreise auf. Sein Ziel: das Katharinenkloster im Sinai, das älteste Kloster der Welt (6. Jh. n. Chr.). Er hatte die Strapazen der langen und gefahrvollen Wüstenreise nur aus einem Grund auf sich genommen: er suchte uralte Bibelhandschriften, um den Bibelkritikern zu beweisen, dass die Bibel unverfälscht über die Jahrhunderte zu uns gekommen ist. Bis dahin benutzten Bibelübersetzer - so zum Beispiel auch Luther - hauptsächlich Handschriften des Mittelalters. Aber konnte man sicher sein, dass diese mittelalterlichen Handschriften wirklich den Originaltext der Heiligen Schrift korrekt wiedergaben? Wurde dieser Text nicht vielleicht bei der Entstehung der römischen Staatskirche unter Konstantin dem Großen verändert? Wer konnte garantieren, dass im Laufe der Zeit nicht einfach Geschichten erfunden wurden, die Eingang in die Bibelhandschriften fanden?

 

Tischendorf wollte hierin Klarheit schaffen. Er sagte sich, wenn man eine NT-Handschrift finden würde, die ganz nah an die Abfassungszeit der Evangelien heranreicht, dann müsse man davon ausgehen, dass dieser Text die „Ur-Evangelien” repräsentiere.

 

Tagelang durchsuchte Tischendorf die verstaubte Bibliothek. Ihr Zustand war z.T. erbärmlich. Durch einige der Pergamente krochen Madenwürmer; andere waren zusammengeklebt wie ein Brikett. Tischendorf war geschockt. Am Tag vor seiner Abreise sah Tischendorf in einem Korb mitten in der Bibliothek großformatige Pergamentblätter, die sich als Seiten aus einer griechischen Bibel aus dem 4. Jh. n. Chr. herausstellten. Nach Tischendorfs Bericht, hatten die Mönche  schon einige Körbe mit diesem “Altpapier” entsorgt. In letzter Minute konnte Tischendorf einen einzigartigen Bibelschatz vor der Vernichtung retten.

 

Die Blätter enthielten Teile des Alten Testaments in griechischer Sprache (sog. Septuaginta). Einen Teil der Blätter durfte Tischendorf als Geschenk mit nach Leipzig nehmen, wo sie heute noch in der Universitätsbibliothek als grösster Schatz aufbewahrt werden.

 

Die zurückgelassenen Blätter suchte Tischendorf 1853 bei seiner zweiten Orientreise vergeblich – sie waren unauffindbar. Bei seiner 3. Reise 1859, die er mit Unterstützung des russischen Zarenhauses durchführte, entdeckte er nicht nur die zurückgelassenen Blätter sondern weitere grosse Teile des Alten Testaments und– bis heute einer der grossen Sensationen in der Bibelforschung – das gesamte Neue Testament! Diese Sinai-Bibel - bekannt als CODEX SINAITICUS (Codex=Buch) – ist die älteste komplette Handschrift des Neuen Testaments in griechischer Sprache. Sie stammt von ca. 350 n. Chr.

 

 

Das Kloster hat Tischendorf immer wieder des Diebstahls bezichtigt. Nun aber sind während der Arbeiten in Rahmen des Forschungsprojektes die alten Akten aus dem Zarenarchiv aufgetaucht - darunter die Schenkungsurkunde des Klosters an den Zaren mit dem Stempel des Klosters und den Unterschriften der Mönche.

Die Russen haben diese Dokumente im Internet veröffentlicht --> HIER <--

Die Schenkungsurkunde vom November 1869 finden Sie -->HIER<--

 

In der Tischendorf-Biografie von Alexander Schick finden Sie eine Übersetzung dieser Dokumente sowie weiteres bisher unveröffentlichtes Quellenmaterial ---> TISCHENDORF-BUCH <---

 

Lesen Sie Tischendorf Bericht über seine Reise in den Sinai (2 Bände)

--> Band 1

--> Band 2

 

 

Manuscript Hunters (Projekt Uni München - allerdings mit gravierenden Schwächen!)

Digitalausgabe des Codex Fredericus Augustanuns (=Codex Sinaiticus der erste Fund von 1845)

 

 

Im Januar 2015 wurde in LENGENFELD (Sachsen / Vogtland) die Ausstellung "Tischendorf & der Codex Sinaiticus" gezeigt. 2600 begeisterte Besucher zählte das Rathaus. In PLAUEN (hier ging Tischendorf auf das Gymnasium) wird die Ausstellung zum 150. Todestag vom 4.10.-20.10.2024 zu sehen sein --> HIER Möchten Sie die Tischendorf-Ausstellung auch zeigen? Anfragen an: Schick.Sylt @ gmx.de