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Das Grösste im Kleinsten

«Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt. Aber das Wort unseres Gottes besteht in Ewigkeit»: Von der 16-Kilo-Bibel zur Nano-Bibel. Bibelabschriften und Bibeldruck: immer mit der neuesten Technik.

Foto: Minibibeln des 18. und 19. Jahrhunderts. Viele nicht größer als eine Streichholzschachtel ...

 

 

Der deutsche Bibelforscher Constantin Tischendorf entdeckte 1844 und 1859 im Katharinenkloster (Sinai) die älteste komplette Abschrift des Neuen Testaments zusammen mit einem grossen Teil des Alten Testaments, den sogenannten Codex (= Buch) Sinaiticus.

Für die Herstellung des hauchdünnen Pergaments dieser Riesenhandschrift benötigte man 350 Ziegen- und Kälberhäute. Eine ganze Viehherde für eine Bibel! So versteht man den Ausspruch der Mönche: «Das geht auf keine Kuhhaut». Die Blätter haben eine Höhe von 38 cm und eine Breite von 34 cm. Damit ist der Codex Sinaiticus die grösste aller antiken Bibelhandschriften. Mehrere Schreiber müssen monatelang an dieser Abschrift der Bibel gearbeitet haben.

Die spannende Entdeckungsgeschichte dieser Bibel erschien gerade in einem neuen Buch zum 200. Geburtstag des Entdeckers «Tischendorf und die Suche nach der ältesten Bibel der Welt» (Jota, Hammerbrücke, 2015).

 

Dass das Schreiben der Mönche sehr mühsam war, zeigt eine Klage aus dem 8. Jahrhundert: «O beatissime lector, lava manus tuas et sic librum adprehende ...» Deutsch: «O glücklichster Leser, wasche Deine Hände und fasse so das Buch an, drehe die Blätter sanft, halte die Finger weit ab von den Buchstaben. Der, der nicht weiss zu schreiben, glaubt nicht, dass dies eine Arbeit sei. O wie schwer ist das Schreiben: Es trübt die Augen, quetscht die Nieren und bringt zugleich allen Gliedern Qual. Drei Finger schreiben, aber der ganze Körper leidet!»

 

Mit der Erfindung des Buchdrucks wurde es einfacher, die Heilige Schrift zu vervielfältigen. Nun wurden keine Schreiber mehr gebraucht, sondern Papierschöpfer und Buchdrucker. 1455 erschien als erstes grösseres Druckwerk die Bibel. Sie wurde von Johannes Gutenberg in Mainz gedruckt. Die Gutenbergbibel bestand aus zwei Bänden, jeder in der Grösse von 43,5 x 31 cm und einem Gewicht von rund 8 kg. Beide Bände auf einmal zu tragen, ist unmöglich, denn die massiven Buchdeckel aus Holz wurden mit Leder überzogen, mit Metallecken beschlagen und schweren Schliessen verschlossen.

 

Als rund 80 Jahre später im Jahre 1531 die erste Zürcher-Bibel (die sog. Froschauer-Bibel) und 1534 die erste komplette deutsche Bibelübersetzung von Martin Luther erschien, bestanden auch diese Bibelausgaben jeweils aus schweren Folianten mit Schliessen. Übrigens rührt von diesen Verschlüssen solch alter Bibeln der Ausdruck her «ein Buch aufschlagen»: Der Foliant wurde auf den Tisch gelegt und mit der Faust wurde auf den Buchdeckel geschlagen, damit die Schliessen aufsprangen (siehe --> HIER).

 

All diese «Riesenbibeln» konnten sich nur das Bürgertum und reiche Bauern leisten.

Lesen Sie den ganzen Artikel in factum 07/2015.
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