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1527 Wormser Propheten - Die "Bibel" der Täufer

Foto: Originale der Bibelsammlung der Landesbibliothek Stuttgart

 

Martin Luther über diese Ausgabe der Propheten:

Prophetae omnes Germaniae donati, scilicet omnia praeveniunt, nihil sumus nos!"

 

Auf Deutsch:

"Alle Propheten sind auf Deutsch erschienen, sie sind uns zuvorgekommen, wir sind nichts!“

 

 

Wormser Propheten
Alle Propheten nach Hebraischer sprach verteutscht. Worms, Peter Schöffer, 13. April 1527.

 

 

Martin Luther sowie der Schweizer Reformator Zwingli und die Mitarbeiter der Prophezei (Zürich) haben bei der Fertigstellung ihrer ersten deutschen Vollbibeln eindeutig auf die Wormser Propheten zurückgegriffen. Allerdings konnten und wollten weder Luther noch Zwingli ihre Abhängigkeit von der musterhaften Übertragung aus dem Hebräischen zugeben, auch wenn noch 11 weitere Auflagen dieser Prophetenübersetzung bei den sog. Taufgesinnten bis 1532 erschienen.


Kampf gegen die Wormser Propheten
Es handelt sich bei dieser ausgezeichneten Übersetzung um eine sog. TÄUFERBIBEL. Zu der großen Tragik und Blutschuld der Reformation gehört die Verfolgung und Ermordung der sog. Täufer (oft auch „Schwärmer“ genannt), die die Kindertaufe als unbiblisch ablehnten. Diese Täufergruppen (sog. linke Flügel der Reformation) wurden sowohl von lutherischer, wie auch von reformierter Seite als „Wiedertäufer“ aus den Städten vertrieben, bzw. unbarmherzig verfolgt und umgebracht.
Die Täufer flohen in großen Scharen u.a. in die USA. In ihrer Nachfolge finden sind heute die Hutterer, Mennoniten, Amish-Gemeinden aber auch die evangelischen Freikirchen, wie die Baptisten oder Brüdergemeinden.


Dass uns heute nur noch wenige Exemplare der sog. Wormser Täuferbibel bekannt sind, liegt wohl daran, dass die bekannten und eng befreundeten Täuferlehrer Hans Denk (1495 - 1527) und Ludwig Haetzer (1495/1500 - 1529) als Bearbeiter dieser alttestamentlichen Teil-Bibel verantwortlich zeichnen. Beide wurden als "Täufer" verfolgt. Haetzer wurde durch das Schwert in Konstanz hingerichtet.

 

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Im Herbst 2022 wurde die Erstausgabe bei Ketterer Kunst versteigert - Katalogbeschreibung:

 

Die Propheten der Täufer

Wormser Propheten
Alle Propheten nach Hebraischer sprach verteutscht. Worms, Peter Schöffer, 13. April 1527.

- Die berühmte erste deutsche Propheten-Ausgabe der Refomationszeit, von größter Seltenheit
- Übersetzt von den Täufern Ludwig Hätzer und Hans Denck
- Noch vor den Übertragungen von Zwingli (1529) und Luther (1532) erschienen
- Näher am hebräischen Original als Luthers Übersetzung
- Erstausgabe in Folio, gedruckt von Peter Schöffer in Worms
- Großzügiger und schöner gedruckt als die bei Schöffer zeitgleich erschienene Oktavausgabe


"Erste Ausgabe der Uebersetzung der Propheten im Geiste der Wiedertäufer von Ludwig Hätzer unter Beihülfe von Hans Denk, erster Wormser Ausgabe, von der grössten Wichtigkeit für Geschichte und Literatur der protestantischen Bibelübersetzung wie der Wiedertäufer insbesondere. Sie bietet die erste vollständige deutsche Uebersetzung der Propheten seitens der protestantischen wie katholischen Uebersetzer dar, da die Schweizer Theologen erst 1529, und Luther gar erst 1532 ihre Prophetenübersetzungen lieferten. Ausserdem ist sie eins der wenigen literarischen Erzeugnisse nicht polemischer Richtung der Wiedertäufer .. Durch ihre Tendenz entzog sich diese Ausgabe der Benutzung in orthodoxen protestantischen wie katholischen Kreisen und konnte somit nach und nach in Vergessenheit gerathen. Da Hätzer als Ketzer enthauptet ward und die Wiedertäufer bei den Orthodoxen höchst verhasst waren, galt bei denselben die Wormser Prophetenübersetzung trotz ihres von ihnen anerkannten textlichen Werthes für haeretisch, die Schweizer Theologen benützen solche deshalb nicht und wichen von derselben ab." (Roth)


Hätzers und Dencks Prophetenübersetzung war außerordentlich erfolgreich. Sie war näher am hebräischen Original und entstand vermutlich mit Unterstützung jüdischer Theologen. Wegen der täuferischen Tendenz und wohl auch wegen des jüdischen Einflusses sah sich Luther angespornt, seine eigene Verdeutschung der Propheten herauszubringen und mit einem gegen die Täufer gerichteten Vorwort zu versehen.
Obwohl von dieser Übersetzung wegen der großen Nachfrage in den Jahren 1527-1531 allein 12 Ausgaben erschienen, sind sie heute allesamt selten, insbesondere die vorliegende Erstausgabe. Nach unseren Recherchen ist in den letzten hundert Jahren international nur ein einziges Exemplar versteigert worden (Erasmushaus in Basel, 13.11.1968, Auktion 45, Los 790).


Die vorliegende Folio-Ausgabe erschien zeitgleich mit einer neugesetzten Oktav-Ausgabe, ebenfalls bei Peter Schöffer, und ebenfalls sehr selten. Beide tragen das gleiche Erscheinungsdatum: 13. April 1527. In der bibliographischen Literatur herrscht Uneinigkeit über die zeitliche Reihenfolge dieser beiden Ausgaben. Roth hält die Folioausgabe für die erstere, Baring dagegen die Oktavausgabe und führt nicht ausgeführte inhaltliche Corrigenda ins Feld. S. Strohm (Bibelslg. Württ.) bemerkt dazu: "Das ist zwar möglich, aber nicht zwingend".

 


LITERATUR: Roth S. 11, Nr. 5. - VD 16, B 3720. - BM STC, German Books S. 93. - Bibelslg. Württ. Landesbibl. E 180. - Darlow/Moule 4192. - Reinitzer 92. - Baring, Die Wormser Propheten . In: Archiv für Reformationsgeschichte, 31 (1934), S. 23-41. - Nicht bei Adams und in der Slg. Goeze.

 

Verkauft für 40.000.- €

 

Die Bibelausstellung zeigt ein Faksimile dieser seltenen Prophetenausgabe